Montag, 29. August 2011

Abreisen.

Abreisen macht mich nicht unbedingt melancholisch, aber schon so unterschwellig traurig, aber vor allen Dingen freue ich mich nicht direkt auf die Zugfahrt (ich habe Flugangst, ausserdem ist ja ökologisch gesehen sowieso und überhaupt und billiger war's zugig auch!), ich weiss genau, wie verpeilt/pennermässig ich mich fühlen werde nach den etwas mehr als 7 Stunden, ich werde auch garantiert nicht schlafen können, das ist so'n Ding der Unmöglichkeit für mich: schlafen in Zügen oder sonstigen rotierenden Objekten in der Vertikalen. Bleibt also auch da wieder nur essen, lesen und Musik hören zum Langeweilevertreiben, siehe unten.

Nein, irgendwie vermiss ich auch ein paar Leute in meiner Stadt (patriotisch anmutende Handbewegung gen Herz...nee!), hätt ich nicht gedacht, und zwar vermiss ich sogar die, von denen ich es am wenigsten gedacht hätte-
E. meinte so (auf Facebook, Handy-SMS hier zu teuer für mich): "Ich hab das vorausgesehen, dass du mir fehlen wirst."
Und ich so: "Ich nicht, ich hätte nicht gedacht, dass du mir fehlst, mir fehlt sonst auch keiner."
E.:"Komisch."
Dabei ist daran gar nichts komisch. Ich mag ihn, aber nicht so, dass es klar wäre, wozu das führen soll. Ich meine: Liebe, ganz toller Begriff! Was soll ich mir darunter vorstellen? Händchenhalten, Rummachen, Knutschen...Heiraten, Eifersuchtsszenen? Liebe kann doch auch so sein:  ruhig, gelassen, für sich behalten, unerkannt- ich habe jedenfalls keine Lust, mich mit E. zu streiten, nur damit wir ein richtiges standartmässiges Liebespaar hergeben.
Ich glaube aber auch gar nicht, dass ich ihn LIEBE. Ich mag ihn eben gerade so sehr, dass er mir ziemlich fehlt. Andere Fotzen hingegen können mir gern gestohlen bleiben.

Am Donnerstag, bevor ich abgereist bin, hab ich noch nen Typen kennen gelernt, der zu mir sagte: "Ich hab etwas Geld auf der Bank, lass uns nach Paris fahren!!!"
Der Typ war unbeschreiblich schön und wir hatten eine aussergewöhnlich schöne Nacht zusammen (wer jetzt gleich an Sex denkt, ist selber schuld). Ich hoffe, den seh ich auch wieder mal. Wär jetzt schon geil, direkt weiter nach Paris als heim zu fahren. Genau genommen kackt es mich alles in allem doch ziemlich an, heim zu fahren. Keine Melancholie. Nur rationale Sachlichkeit: I'm not looking forward.


Langeweile

Die Langeweile ist mein grösster, mein hartnäckigster Feind (oder ist es eine Sie?)
Sie begleitet mich ständig durch mein Leben; tückisch, niederschmetternd, dauergeil, verselbstständigend.
Ich habe schon alles versucht, um mich mit ihr anzufreunden, oder mich zumindest nicht mehr von ihr zu Tode nerven zu lassen, aber...relativ erfolglos.
Bin in etwa die unbegabteste Langeweile-Handhaberin, die es gibt auf der Welt.
Hab auch schon versucht, sie zu zelebrieren, indem ich mich vor den Fernseher gezwungen und mir gesagt hab: "So, heute chillst du mal den ganzen Tag lang und machst NICHTS."
Das ist fünf Minuten nicht aus dem Ruder gelaufen, dann total eskaliert. Total. Ich bin dagesessen und schon beim blossen Anblick des Bildschirmes fingen meine Hände an, nervös irgendwo rumzuspielen, weil sie keine Zweitbeschäftigung hatten. Ich bin ein sogenannter Multitaskjunkie. Wenn ich mich nur auf eine Sache konzentrieren muss, klappt das nicht. Man kennt das auch unter dem Begriff "ADHS". Aber was interessieren mich medizinische Fachausdrücke. Leben schwer machen ist Leben schwer machen, und man kann es sich ja auch einfach machen, indem man beispielsweise einfach akzeptiert, dass man eben nicht chillen kann, und stattdessen wieder Multitasking betreiben. Aber ich hab trotzdem halt versucht, das zu machen, was andere täglich machen können ohne dabei fast draufzugehen, Sofachillen, Glotze bis zum Nachtprogramm und vielleicht mal ne Tüte Chips...
arrgh.
Tja, jedenfalls wurde ich dann bis in den kleinen Zeh angespannt, nix da Relaxing, es war grauenvoll anstrengend, nicht rumzuzappeln, also hab ich mir ein Kissen vor den Ranzen gepresst, was zwei Sekunden später auf dem Boden landete.
Dann nahm ich ein Buch in die Hand und blätterte, weiterhin fern sehend. Die Buchseiten knisterten schön und der Buchduft umhüllte meine Nase. Ah, lesen. Schon viel besser als die beschissene Britt am Mittag. Aber irgendwie auch langweilig. Immer ist alles langweilig, was nur als Einzeltätigkeit betrieben werden kann...ich schaltete die Glotze aus. Projekt abgebrochen.

Gute Langeweilekiller sind:
-Drogen
-Multitasking
-Sport
-rausgehen und fotografieren
-sich mit (spannenden) Leuten treffen
-Ärger machen
-Streiche spielen
-Wohnung aufräumen (ja, immer noch besser als Fernsehen!)

Tja. Heute weiss ich nicht so recht, wie ich mit der Langeweile umgehen soll, da ich immer noch in Berlin bin und da die Optionen etwas eingeschränkt sind. Die Jungs arbeiten alle und ich hab hier nur meinen Laptop, ein Buch, das bereits fertig gelesen ist und eins, das ich nicht fertig lesen will. Mir bleibt also ein langwieriges Internetprogramm mit Facebook (was ja nun wirklich dem niedrigsten Grad an Unterhaltungswert entspricht), Blog (und das auch erst seit gestern, bin mir noch nicht sicher, wie effizient das gegen L. wirkt...), diversen Pornohomepages (nein, nur Spass), und E-Mails checken,--hab ich jedoch heut schon erledigt, von daher...
bis zum Abendessen, dazu werd ich dann vermutlich ferngucken, essend geht das nämlich klar.

So. Stadtbesichtigung fiel heute auch flach weil es irgendwie regnete und so ganz allein macht es ja auch nicht den Heidenspass schlechthin. Ich bin aber überzeugt, dass Berlin weniger langweilig ist als beispielsweise, sagen wir, die Stadt, aus der ich herkomme. Da wird man schief angeguckt, wenn man barfuss in nen Supermarkt geht. Gähn. Früher schockierten (unsere Eltern, die Hippie-Generation! Hä, hä!) die Leute mit grünen Iros oder langen Mähnen, heute geht man un-beschuht Gemüse kaufen und schon hat man alles Entsetzen auf sich haften in Form von schamlos-entgeisterten Blicken. Welch eine Tragödie. Ich hätte lieber nen grünen Iro.

Ob man's glaubt oder nicht: schon als Kind litt ich an der Langeweile-Krankheit. Also, mir wurde immer langweilig, vor allem bei Sachen, bei denen andere Blage den totalen Gaudi hatten: vorgelesenen Geschichten lauschen, fernsehen, Süssigkeiten essen, basteln. Wenn ich selber spielen konnte, wurde mir nie langweilig, sprich wenn ich meine eigenen Welten erfinden und darin abtauchen konnte. Dann konnte ich sogar stundenlang allein zurechtkommen..ähm, ja. Sehr spannend, nehm ich an, worauf ich hinauswollte: mit knappen 10 Jahren entdeckte ich dann mal folgende Homepage:
http://www.kikisweb.de/spielundspass/tipps/langeweile.htm
und es gibt sie noch, wie ich eben grad feststellte.
Ja, lustig, unterhaltsam, etwas durchgeknallt (omahaftes Lächeln), aber, man stelle sich vor, ich hab diese Tipps auch tatsächlich BEHERZIGT. Ja, ja. Und zwar die Kino-Tipps und die für Zuhause. Und es hilft tatsächlich. Mal schaun, ob ich heut noch ins Kino gehe...ah, nein, mir fehlt das Geld.
Ich glaube, der Typ von der Wechselstube hat mich heut abgelinkt. "So, wünsch Ihnen nen schönen Tag noch"
Fick dich, Drecksau.

Sonntag, 28. August 2011

Chez Chez Chez

Berlin.
Da bin ich. Ich wollte unbedingt hierhin und deshalb bin ich hier. Weil ich mich über alle notorischen Langweiler hinweggesetzt habe, die meinten: "Jaaa voll geile Idee, ich würd sofort mitkommen", und dann natürlich - wie überraschend!- nicht mitkamen, weil, hoppla, Papa Geburtstag hatte oder kein Geld da war für den Zug (aber für nen spontanen Australientrip schon) und so weiter und so weiter, was man halt so Freunde nennt (hab sie lieb, ja). Und allein hergefahren bin.

Was ich an dieser Stadt liebe: dass sie ist wie ein Kind. Störrisch, aber liebenswert. Man muss sich richtig einfühlen, um den Genuss daran zu finden. Man ist verantwortlich, gleichzeitig aber total unterlegen. Die Stadt nimmt einen in Anspruch, verlangt viel Aufmerksamkeit. Man ist hier ein winziger Teil von etwas ganz ganz Grossem und kann sich trotz Tralala und Drogenexzessen an jeder Ecke auch mal auf sich konzentrieren, weil man zur Abwechslung mal niemanden kennt, wenn man auf die Strasse geht, höchstens das Gefühl des Katers, der einen irgendwie öfters mal begleitet.
Wogegen ich machtlos bin: dass ich eingeschüchtert bin. Einschüchterung ist so eine Schwäche von mir. Ich lasse mich von allem einschüchtern. Von eingebildeten Menschen, guter Musik, Gangstas, Flyerverteilern, Demonstranten, Zeugen Jehovas, Spinnen, ALDI-Läden. Ich bin grundsätzlich ein wahnsinnig offener Mensch, aber ich tue mich schwer damit, in Kontakt zu treten mit meiner aktiven Umwelt. Lieber flüchte ich mich in so genannte...nein, dazu vielleicht ein andermal mehr.

Warum muss das immer alles so eskapadisch sein?
Einfach normaler Alltag kann doch nicht so schwer sein. Ich meine, ich bemühe mich ja. Morgen geh ich zur Akademie der Künste für so nen All-Around-Infotag. Aber allein die Vorstellung führt zu schizophrenen Anwandlungen, bei denen ich mir ernsthaft überlege, wieso ich mir sowas antue, weil ich garantiert nicht nach Hause kommen und denken werde: "Ja, das ist es! Ich gehe an die Akademie der Künste!"
das wär ja noch lustiger. Wozu hab ich denn trotz konsequenter Lernverweigerung und exzessiven Partynächten vor diversen Prüfungen das Gymnasium bestanden? Jedenfalls sicher nicht, um diese offenkundige Intelligenz (man merke: Satire!) zu verschwenden und mich jetzt gleich nochmal hinter ne Schulbank zu zwängen, wo mich irgendwelche Spasten nerven.
Ich denke: ich würde gerne arbeiten. Geld verdienen. Nur: ich finde alle Jobs, die ich kenne, blöd. Ausser Diktator sein. Aber ich bin nicht so gut im Einschüchtern. Mich würden die ganzen Leute einschüchtern, obwohl ich ihnen nur das Beste wollen würde.
Das ist nämlich auch noch so ne Schwäche von mir: Nett sein. Nein, ich bin nicht absichtlich nett, sondern einfach so. Es macht mir Spass. Helfen macht Freude. Andere verkuppeln? Meine Spezialität. Genauso wie im Gegenzug ständig leer auszugehen oder sich von labilen Wracks das Herz brechen zu lassen, Folgeerscheinung. Ich bin gerade dabei, egoistisch sein zu lernen. Es klappt nicht so gut. Man könnte jetzt sagen: Scheidungskind. Bedürfnisse nicht ernst nehmen und all sowas, kennt man ja. Schon klar. Die lieben Eltern sind schuld. Aber wen interessiert das? Hilft mir ja auch nicht weiter. Dann lieber noch ein bisschen Chemie. Dann ist wenigstens mal klar, dass alles Schein und Licht und schön ist, wenn man in der Realität versucht, Mensch zu sein, kommt man sich ja doch nur läppisch vor.

Lächerlichkeit ist sowieso das meist beobachtete Begleitobjekt der heutigen Gesellschaft. Jeder macht sich ständig irgendwie lächerlich und das meist, während er versucht, dies krampfhaft zu vermeiden. Ich höre immer wieder: "Mach dir doch nicht so viele Gedanken!" Aber: mach ich ja gar nicht. Ich kann gar nicht viel denken, weil meist ein begonnener Gedanke in der Hälfte mit "Egaal!" oder so unterbrochen wird. Es ist vielmehr so, dass in mir drin alles schon so vorprogrammiert ist,dass Assoziationsketten entstehen. Gewissermassen archiviert und zu selbstzweiflerischen Zwecken jeweils zielsicher entpackt.
ZB wenn jemand in meiner Nähe loslacht, dann kommt bei mir automatisch der Gedanke: "Aha, ich werde ausgelacht." Das hat aber nichts mit zu viel Gedankenmachen zu tun. Würde ich über sowas lang genug nachdenken, würde ich vermutlich sogar drauf kommen, dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass die über mich lachen.
Vielleicht sollte ich mir also lieber mal MEHR Gedanken machen. Wirke ich so nachdenklich?
Ich geh jetzt erstmal schlafen. Beziehungsweise höre auf, rohes Toastbrot zu mampfen und versuche trotz laufendem Fernseher und drei lauthalts selbigen kommentierenden Männerstimmen ein bisschen zu dösen. Gähn.